Forum - Das Brandenburger Wirtschaftmagazin

„Im Kopf passiert etwas“

Schülerfirmen aus Potsdam und Oranienburg siegen beim Landeswettbewerb

Livia Fietkau (r.) von ZweiWegGlas und ihr Team wurden Landessieger beim Wettbewerb der Juniorteams

Die Arbeiten gehen Hand in Hand. Ein Schüler schneidet Scheiben und lackiert das Stück, ehe ein weiterer Schüler vorsichtig eine recycelte Flasche oder eine alte Glühbirne aufsetzt, Öl eingießt und einen Docht befestigt. Fertig ist eine wunderschöne Tischlampe. Die Jugendlichen sind Schülerinnen und Schüler der Peter-Joseph-Lenné-Schule in Potsdam. Mit ihrer Firma ZweiWegGlas haben sie beim Junior-Schülerfirmenprogramm den ersten Platz im Landeswettbewerb geholt.

Im bundesweiten JUNIOR Schülerfirmenprogramm werden Schülerinnen und Schüler zu Unternehmerinnen und Unternehmern. Im Sinne von „Learning by doing“ entwickeln sie eine eigene Geschäftsidee und setzen diese nach der Gründung einer Schülerfirma um. Die Jury besteht bei diesem Wettbewerb traditionell aus Bildungs- und Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern. Für die Stiftung der IHK Potsdam ist Stefanie Schilling dabei. Sie berichtet: „Geschäftsidee und Geschäftsbericht, Jury-Interview und Videopräsentation – beim JUNIOR Landeswettbewerb werden die Schülerfirmen in diesen vier Kategorien bewertet. Ausgezeichnet wird das Unternehmen mit dem stimmigsten Gesamtkonzept.“

Was ebenfalls in die Bewertung kommt, ist der Entwicklungsprozess der Jugendlichen, ihr Umgang mit Herausforderungen im Team und die Fähigkeit, potenzielle Kundinnen und Kunden sowie Investorinnen und Investoren zu begeistern. Und der Entwicklungsprozess ist ein Thema, den auch die Jugendlichen an sich bemerken und diskutieren. Emily Moltmann von ZweiWegGlas sagt: „Eine der Aufgaben ist es, Mitschüler für Ihre Mitarbeit im Unternehmen zu benoten. Dabei wechselt man zwangsläufig die Perspektive und sieht Dinge plötzlich wie ein Lehrer.“ Landessieger ZweiWegGlas darf nun am Bundeswettbewerb teilnehmen.

Jaap Lehmann, Anna Kara Knaak, Lél Priller, Martin Schneider, Maximilian Ernst und Carina Kurlus (v.l.): Die Einnahmen ihrer Schülerfirma Rhinojuice spenden sie an den WFF, damit Nashörner geschützt werden.

Rhinojuice stellt Säfte in drei Geschmacksrichtungen her.

Die Zweitplatzierten des Landeswettbewerbes kommen mit ihrer Schülerfirma RhinoJuice vom Oranienburger F.F.Runge-Gymnasium. Hinter der Erfolgsidee von Rhinojuice stehen sechs Schülerinnen und Schüler. Sie gründeten sich, um der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken. „Gekrümmtes Obst oder Gemüse kommt heutzutage erst gar nicht in den Handel und das ist schade, denn es ist schließlich noch genießbar“, erklärt Carina. „Zu unserer Geschäftsidee kamen wir, als wir uns mit dem Trendthema Upcycled Food auseinandergesetzt haben. Wir wollten der zunehmenden Lebensmittelverschwendung in Märkten ein Ende setzen und unschönem Obst und Gemüse eine Chance geben. Daraus entstand unser Geschäftsmotto ‚safe the fruits & save the rhino‛, denn wir wollen nicht nur Früchte retten, sondern auch Nashörner schützen“, ergänzt Kara. Viele Nashörner sind wegen des Elfenbeins ihrer Hörner von Wilderei bedroht. Mit ihrem Projekt will die Schülergruppe auch den Nashörner Schutz des WWF unterstützen. In den vergangenen Monaten haben sich die Schülerinnen und Schüler ein gutes Netzwerk aufgebaut. Dadurch gibt es Kooperationen mit Anbietern aus der Region.

Drei Geschmacksrichtungen

An Produktionswochenenden schufen die Schülerinnen Carina und Kara im idyllischen Altüdersdorf in voller Montur mit Kittel, Gummihandschuhen und Kopfbedeckung und stellen nicht selten Säfte über 200 kg Obst und Gemüse her: Obst und Gemüse waschen, zerkleinern und letztlich verarbeiten, zudem Flaschen auskochen, präparieren, Etiketten kleben und und und. Jedes Mitglied der Schülergruppe hat seine Aufgabe. Carina und Kara kümmern sich um die Produktion der Säfte, weil sie einen Hygienepass haben. Es gibt drei Geschmackssorten bei ihren Säften: Orangensaft, Apfel-Birne und Apfel-Möhre-Birne und diese haben sie erfolgreich per Direktkontakt oder in der Mensa verkauft. Die letzte Großbestellung mit über 200 Flaschen ist fertiggestellt: „Jetzt kommen noch kleinere Bestellungen und dann lösen wir uns erst einmal auf, damit wir uns ganz auf unser Abitur konzentrieren können“, sagt Kara. Die Schülergruppe wird sodann ihre Idee weiterfolgen und sich neugründen, weil ihnen die Arbeit als Unternehmerinnen und Unternehmer auf Zeit viel Spaß bereitet hat. „Die Details müssen noch besprochen werden, aber wir haben so gute Kontakte geknüpft, da wäre es schade, wenn wir nicht weitermachen würden.“

Drittplatzierte

Andere beginnen, wie Unternehmer zu denken. „Meine Mutter ist selbständig. Mit den Erfahrungen des vergangenen Schuljahres kann ich bestimmte Gedanken von ihr nachvollziehen. Jetzt verstehe ich, warum man manchmal auch in der Freizeit an das Unternehmen denkt“, sagt Fiona Trowe. Sie hat mit der Junior Schülerfirma FlowerFlame – ebenfalls von der Lenné-Schule – den dritten Platz im Landeswettbewerb geholt.

Emily Moltmann wollte eigentlich immer Lehrerin werden. Jetzt kann sie sich vorstellen, später Unternehmerin zu sein. „Eine für mich spannende Entwicklung“, sagt sie. Auch Kilian Lange beobachtet eine Veränderung an sich: „Ich wollte niemals Chef sein. Jetzt als Geschäftsführer von FlowerFlame muss ich es sein und ich muss sagen, dass es mir weniger schwerfällt als gedacht“.

Apropos Leitung – die müssen alle Mitglieder einer Junior Schülerfirma bringen, egal ob im kaufmännischen oder handwerklichen Bereich. Als ZweiWegGlas im vorigen Herbst einen größeren Auftrag von einer Apotheke bekam, arbeiteten die Schülerinnen und Schüler die Herbstferien durch.

Stefanie Schilling (m.) von der Stiftung Fachkräfte für Brandenburg der IHK Potsdam mit Schülerinnen und Schülern der Lenné-Gesamtschule in Potsdam

Die Schülerfirma FlowerFlame Produziert Blumenkästen, Kerzenuntersetzer und Kerzen

Betreut werden die Beiden Schülerfirmen ZweiWegGlas und FlowerFlame von Thomas Jandt. Er ist Lehrer a der Potsdamer Lenné-Schule und begleitet Schülerfirmen bereits seit vielen Jahren. „Doch er ist eher wie ein Begleiter oder Mentor für uns“, lobt Kilian Lange. Alle drei Monate bekommt der Lehrer von den Juniorunternehmen ein Portfolie mit den aktuellen Herausforderungen und Leistungen der Unternehmen, ist aber zwischendurch stets zur Stelle, wenn es Fragen gibt.

Jüngeren Mitschülern geben die aktuellen Juniorunternehmer den unbedingten Tipp, beim nächsten Durchgang mitzumachen. „Man muss wissen, dass es kein normales Schulfach ist und, dass man eher mehr Zeit investiert“, sagt Lukas Trolda von ZweiWegGlas. Für ihre Arbeit wünschen sich die Jugendlichen noch mehr Praxisnähe. So könnten Unternehmer aus der Region Workshops zum Thema Buchhaltung, Werbung oder Vertrieb geben.

Quelle: ihk.de